img
Stiftung Wagerenhof, Tagesstruktur

Isa's Woche

Monika, Kommunikation

14. Februar 2025

Seit diesem Frühling gehört Isa zum Team der Unternehmenskommunikation. Einmal pro Woche lässt sie uns teilhaben an ihrem Alltag im Wagi - sie erzählt in ihren eigenen Worten, ehrlich und direkt. Isa kann sich nicht verbal ausdrücken. Ihr Sprachcomputer unterstützt sie bei der Kommunikation. 

In Leichter Sprache

Isa arbeitet neu für die Unternehmenskommunikation

  • Isa kann nicht sprechen.
  • Deshalb hat Isa einen Sprach-Computer.
  • Einmal pro Woche berichtet Isa aus ihrem Alltag.
  • In eigenen Worten erzählt sie - ehrlich und direkt.
  • Isa lebt seit 8 Jahren im Wagi.
  • Sie ist die Wagi-Briefträgerin.
  • Auf der Wohngruppe hilft Isa im Haushalt.

Erfahre in diesem Blog laufend, was Isa bewegt.

Woche#6

"Der Esel tut mir gut"

"Heute ist ein Tag, wo mir nicht so wohl ist", schreibt Isa. Schon als sie aufstand am Morgen, war sie müde. "Schmerzen", tippt Isa. Gleichzeitig zeigt sie mit der Hand auf ihren Kopf und macht kreisende Bewegungen. Trotz Unwohlsein stand Isa am Morgen auf. Sie hatte gute Gründe dafür: «Arbeiten gehen muss sein». Und sie fügt an: «Man sollte». Ob Isa ein Rezept gegen Unwohlsein habe? Es komme darauf an, wo sie sich gerade befinde. Und was für Pläne sie habe. Heute beispielsweise stehen zwei Sitzungen an. Auf beide Termine hat sie sich gefreut. Sie rafft sich deshalb zusammen.

Gemeinsam studieren wir, was Isa heute guttun könnte. Sie schreibt "Esel" und erklärt, dass er ihr Lieblingstier sei. Gemeinsam machen wir uns deshalb auf den Weg und suchen im Hof den Esel auf. Weil die Tiere am futtern sind, kommen sie nicht aus ihrem Stall. Die Wände im Stall sind leider sehr hoch. Isa kann die Tiere nicht sehen. Wir nehmen ihnen deshalb den Futtersack weg und hoffen, dass sie nun nach draussen kommen. Der Plan klappt, die Esel kommen aus ihrem Stall nach draussen. Jetzt kann Isa sie beobachten und ihnen zuhören, wie sie "wiehern". Isa muss grinsen, die Tiere sind herzig und unterhaltsam. Ihr Lieblingstier scheint sie von den Schmerzen abzulenken. Zurück im Büro greift Isa in ihre Handtasche und zieht ein Stoffeseli heraus. «Simon» ist sein Name, erklärt mir Isa. Wie kommt er zu diesem Namen? "Ich finde es ein schöner Name. Es ist auch ein biblischer Name."
 

Woche#5

"Weil es mir so Spass macht"

Jeden Mittwochmorgen steht "Sport" auf Isas Tagesprogramm. Auf ihrem Hometrainer legt sie innerhalb von 20 Minuten rund fünf Kilometer zurück. Wenn die Zeit um ist, läutet der Wecker – für ihre Betreuerin das Signal, Isa beim Aussteigen zu helfen.  

Schon seit vielen Jahren trainiert Isa regelmässig auf dem Hometrainer. Aber erst seit Februar steht ein solches Gerät im Wohnzimmer ihrer Wohngemeinschaft. Die Idee dazu hatte ihre Physiotherapeutin Helene. Sie beantragte das Trainingsgerät für die Wohngemeinschaft. Dank freiwilliger Spenden stehen heute mehrere solcher Fahrräder zur Verfügung.

 "Das Fahrrad ist jetzt einfacher zugänglich", freut sich Isa. So kann sie es regelmässig nutzen. Sie zeigt auf ihre Füsse, die auf dem Fussbrett des Rollstuhls ruhen. Beim Ein- und Aussteigen ist sie auf Hilfe angewiesen, ihre Füsse müssen an den Pedalen befestigt werden. Weil das Fahrrad nun im Wohnzimmer steht, können ihr die betreuenden Personen schnell und unkompliziert helfen.

Bereitet sich Isa auf das Training speziell vor? Sie zuckt mit den Schultern: Das übliche Morgenritual. Zuerst Duschen und Anziehen. Dann das Frühstück: Ein Nature- oder Schoggi-Joghurt zusammen mit einem Glas Orangensaft. 
Für Isa bedeutet Radfahren Lebensqualität. Sie liebt das neue Trainingsgerät. "Weil es mir so Spass macht", tippt sie in ihren IPad. Sie weiss aber auch: Das Fahrrad ist gesund und wichtig für sie. Früher fuhr sie selbst mit dem Dreirad. Heute ist sie dankbar, dass sie zweimal pro Woche weiterhin auf dem Hometrainer fahren darf.
 

Woche#4

Grenzen lernen und zeigen

Am Wochenende fiel Isa gleich zweimal um. Der Grund: Eine Bewohnerin hatte sie beim Spielen umgestossen. Dabei zog sich Isa einen blauen Zeh zu.

Isa nimmt es gelassen und lächelt verständnisvoll. "Es ist auf der Wohngruppe beim gemeinsamen Spiel passiert. Die Kollegin zog an mir herum", erzählt sie. Anfangs störte sie das nicht, denn sie weiss: Die neue Bewohnerin kennt ihre eigenen Grenzen noch nicht - sie lebt erst seit zwei Wochen in der Wohngruppe. Isa dagegen kennt ihre Grenzen genau – und kann sie auch deutlich zeigen. Sie hebt den rechten Arm, holt links aus und zieht ihn kräftig nach rechts.

Als Isa das zweite Mal aus dem Stuhl fiel, zeigte sie der Bewohnerin das Signal der Grenze besonders deutlich. Die Bewohnerin war erschrocken, erinnert sich Isa. Trotzdem bleibt Isa verständnisvoll. "Ich finde sie eine Herzliche." Es gefalle ihr, wenn in der Wohngruppe etwas los sei. Mit dem Finger malt sie einen Kreis in die Luft: "Wir alle müssen lernen, mit ihr umzugehen."

Woche#3

Zurück aus den Ferien

Gutgelaunt rollt Isa ins Büro der Unternehmenskommunikation. Das Haar lockig und kurz geschnitten, ihr Strahlen nicht zu übersehen. «Jaaaa!», antwortet sie auf die Frage, ob ihr die Ferien Spass gemacht haben.

Weil Isa auch in der Freizeit gerne schreibt, hat sie für die Angehörigen aller Teilnehmenden ein Tagebuch geführt. Ob sie alles selbst geschrieben hat? "Mit meiner Freundin vom Lager", tippt sie ins Tablet. Dann faltet sie ein Blatt Papier auf. Gemeinsam lesen wir die erste Zeile: 7:30 Uhr Tagwache. Schon nach diesem ersten Satz lacht Isa laut und schüttelt ihre Hand in der Luft: "So früh!". Ins Tablet schreibt sie: "Es regnete wie aus Kübeln". Deshalb habe die Gruppe am Nachmittag Lotto gespielt. Es ist spannend, mit Isa die Tagebucheinträge durchzugehen. Oft ergänzt sie mit persönlichen Kommentaren. Möchtest du das ganze Tagebuch lesen? Seite 1 / Seite 2

Zum Schluss zieht Isa ihr Handy aus der Tasche. Am Dienstag sei Kunst auf dem Programm gestanden – alle Teilnehmenden malten ein Bild. Der Sohn des Heimleiters habe Tipps und Tricks verraten, wie man schneebedeckte Felsberge naturgetreu hinbekommt. Isa zeigt mir ein Foto von ihrem Kunstwerk. Entdecke das Kunstwerk.

Woche#2

Vorfreude auf das Sommercamp

Isa freut sich auf die Ferien. Ein Sommercamp für Menschen mit Behinderung steht an. Mit und ohne Behinderung, alt und jung, um ganz genau zu sein. Die Heilsarmee organisiert. Es findet in Stäfa am Hügel statt. Das Haus ist nicht ganz rollstuhlgängig. Aber ebenerdig. Das geht mit dem Handrollstuhl. Aber der elektrische Rollstuhl vermisst Isa trotzdem. Auch das Tablet ist ein Must-Have im Gepäck. Im Lager dabei sind rund 40 Menschen. Einige sprechen Gebärdensprache (Isa «mühsame Zeichen») und einige mit Computer. Chrüüz und Rüebli. Ein Teilnehmer mit Sprach-Computer bedient diesen mit den Augen. Er macht so sogar Vorträge. Aber er sei sonst nicht so selbständig.

Isa ist ihre Selbständigkeit sehr wichtig. Mit sichtlichem Stolz tippt sie: «Ich habe eine Anlehre in der Hauswirtschaft.» Sie putze gerne Fenster und lege gerne die Wäsche für die gesamte WG zusammen. Auf die Frage hin, was sie nicht gerne macht, schreibt sie ein Wort:

Socken.

Lautes Lachen. Wer kennt es nicht?

Woche#1

Die Vorstellungsrunde

Isa wohnt seit 8 Jahren im Wagi. Ihr Alltag ist kurzweilig. Von Montag bis Freitag arbeitet sie als Wagi-Briefträgerin. Beim Empfang holt sie die Post für die Bewohnenden ab und bringt sie zur Verteilung ins Atelier Dienstleistungen. Dort sortiert sie Briefe und Päckli und verteilt alles auf die Postfächer.  Dokumente schreddern und Büro-Material richten gehören ebenfalls zu Isa's Aufgaben. Ob sie den Job gerne macht? "Es ist mein Job, ich mache es einfach", sagt sie schulterzuckend. Das breite Grinsen erhellt Isa's Gesicht. Isa ist stets mit Freude bei der Sache ist. Auch auf der Wohngruppe werden ihre helfenden Hände geschätzt. Zum Beispiel beim Sortieren der frischen Wäsche. Und was unternimmt Isa in der Freizeit? Darüber wird sie in den kommenden Monaten berichten. Isa hat einige liebe Freunde und interessiert sich für sehr vieles.

Kommunikation per Tablet

Weil sich Isa nicht verbal ausdrücken kann, ist sie auf Kommunikationshilfen angewiesen. "Als Kind habe ich mit einer Bilder-Sprache kommuniziert", erinnert sich Isa. Später sei die ABC-Tafel dazu gekommen. Heute ist Isa froh, dass sie ein elektronisches Tablet hat. Sie kann sich damit schnell und gut verständigen. Beim Antippen eines Buchstabens sieht das Programm Wörter voraus. So einfach war das früher nicht. Isa erinnert sich an ihre Jugendjahre zurück: "Mein erster Sprachcomputer war 10 Kilo schwer." Sie deutet mit weit ausgebreiteten Armen die Grösse ihres damaligen Computers an. Das sei vor ungefähr 30 Jahren gewesen. Und wie transportierte sie damals den riesigen und schweren Computer? "Na wie schon?" - Isa zeigt mit dem Finger auf sich selbst und ergänzt: "Als 20-Jährige konnte ich noch selber laufen und schob den Tisch mit dem Computer neben mich her". Dann wird sie nachdenklich: "Durch meine Behinderung habe ich immer mehr Kraft verloren".