Seit diesem Frühling gehört Isa zum Team der Unternehmenskommunikation. Einmal pro Woche lässt sie uns teilhaben an ihrem Alltag im Wagi - sie erzählt in ihren eigenen Worten, ehrlich und direkt. Isa kann sich nicht verbal ausdrücken. Ihr Sprachcomputer unterstützt sie bei der Kommunikation.
Isa rollt gutgelaunt ins Büro der Unternehmenskommunikation. Das Haar lockig und kurz geschnitten, ihr Strahlen nicht zu übersehen. «Jaaaa!» - die Ferien waren toll, sagt sie. Weil Isa auch in ihrer Freizeit gerne schreibt, hat sie für die Angehörigen aller Teilnehmenden ein Tagebuch geführt. Anderthalb A4-Seiten lang. Ob sie das alles selbst geschrieben hat? «Mit meiner Freundin vom Lager», tippt sie auf ihrem Tablet.
Natürlich bin ich neugierig – und wir lesen die Zeilen gemeinsam.
7.30 Uhr Tagwache. Isa lacht laut und schüttelt ihre Hand in der Luft – so früh! «Es regnete wie aus Kübeln», ergänzt sie. Deshalb habe die Gruppe am Nachmittag Lotto gespielt. Es ist spannend, mit Isa die vielen Einträge durchzugehen. Oft gibt es noch einen persönlichen Kommentar dazu. Nicht alles steht im Text - man muss ja nicht alles ausplaudern. Und ja: Auch Isa klatscht gerne – wer nicht?
Zum Schluss zückt Isa ihr Handy. Am Dienstag stand Kunst auf dem Programm – alle Teilnehmenden malten ein Bild. Der Sohn des Heimleiters verriet Tipps und Tricks, wie man schneebedeckte Felsberge naturgetreu hinbekommt. Isa zeigt mir ein Foto davon – und natürlich gibt’s auch dazu ein paar zusätzliche Infos. Die behalten wir aber für uns.
Isa freut sich auf die Ferien. Ein Sommercamp für Menschen mit Behinderung steht an. Mit und ohne Behinderung, alt und jung, um ganz genau zu sein. Die Heilsarmee organisiert. Es findet in Stäfa am Hügel statt. Das Haus ist nicht ganz rollstuhlgängig. Aber ebenerdig. Das geht mit dem Handrollstuhl. Aber der elektrische Rollstuhl vermisst Isa trotzdem. Auch das Tablet ist ein Must-have im Gepäck.
Im Lager dabei sind rund 40 Menschen. Einige sprechen Gebärdensprache (Isa «mühsame Zeichen») und einige mit Computer. Chrüüz und Rüebli. Ein Teilnehmer mit Sprach-Computer bedient diesen mit den Augen. Er macht so sogar Vorträge. Aber er sei sonst nicht so selbstständig. Isa ist ihre Selbstständigkeit sehr wichtig. Mit sichtlichem Stolz tippt sie: «Ich habe eine Anlehre in der Hauswirtschaft.» Sie putze gerne Fenster und lege gerne die Wäsche für die gesamte WG zusammen. Auf die Frage hin, was sie im Haushalt nicht gerne macht, schreibt sie ein Wort:
Socken.
Lautes Lachen.
Wer kennt es nicht?
Isa wohnt seit 8 Jahren im Wagi. Ihr Alltag ist kurzweilig. Von Montag bis Freitag arbeitet sie als Wagi-Briefträgerin. Beim Empfang holt sie die Post für die Bewohnenden ab und bringt sie zur Verteilung ins Atelier Dienstleistungen. Dort sortiert sie Briefe und Päckli und verteilt alles auf die Postfächer. Dokumente schreddern und Büro-Material richten gehören ebenfalls zu Isa's Aufgaben. Ob sie den Job gerne macht? "Es ist mein Job, ich mache es einfach", sagt sie schulterzuckend. Das breite Grinsen erhellt Isa's Gesicht. Isa ist stets mit Freude bei der Sache ist. Auch auf der Wohngruppe werden ihre helfenden Hände geschätzt. Zum Beispiel beim Sortieren der frischen Wäsche. Und was unternimmt Isa in der Freizeit? Darüber wird sie in den kommenden Monaten berichten. Isa hat einige liebe Freunde und interessiert sich für sehr vieles.
Weil sich Isa nicht verbal ausdrücken kann, ist sie auf Kommunikationshilfen angewiesen. "Als Kind habe ich mit einer Bilder-Sprache kommuniziert", erinnert sich Isa. Später sei die ABC-Tafel dazu gekommen. Heute ist Isa froh, dass sie ein elektronisches Tablet hat. Sie kann sich damit schnell und gut verständigen. Beim Antippen eines Buchstabens sieht das Programm Wörter voraus. So einfach war das früher nicht. Isa erinnert sich an ihre Jugendjahre zurück: "Mein erster Sprachcomputer war 10 Kilo schwer." Sie deutet mit weit ausgebreiteten Armen die Grösse ihres damaligen Computers an. Das sei vor ungefähr 30 Jahren gewesen. Und wie transportierte sie damals den riesigen und schweren Computer? "Na wie schon?" - Isa zeigt mit dem Finger auf sich selbst und ergänzt: "Als 20-Jährige konnte ich noch selber laufen und schob den Tisch mit dem Computer neben mich her". Dann wird sie nachdenklich: "Durch meine Behinderung habe ich immer mehr Kraft verloren".