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Stiftung Wagerenhof, Wohnen

König Christian und seine Ritterin

Daniela Peter, Marketingverantwortliche

04. Januar 2021

Miriam und Chrigi sind ein eingespieltes Team: Vor rund 8 Jahren konnte sich die selbstbewusste, lebenslustige Miriam für den Wagerenhof begeistern und arbeitet seither auf Chrigis Wohngruppe. Seit 2017 ist sie auch seine Bezugsperson. Chrigi kommuniziert mithilfe von Mimik, diversen Lauten und seinem Sprachcomputer. Dieser gleicht einem grossen iPad und wird liebevoll «Tobi» genannt. Chrigi steuert ihn mit seinen Augen.

«Wer von König Christian zur Ritterin oder zum Ritter geschlagen wird, darf sich geehrt fühlen. Nicht jedem wird diese Anerkennung zuteil. Ritterin Miriam gehört zur Tafelrunde.»

«Wie ist Chrigi denn zu seinem Königstitel gekommen?», frage ich beide lächelnd. Miriam antwortet mir: «Fantasie und Humor kennen bei ihm keine Grenzen! So wurde vor ein paar Monaten aus unserem Chrigi kurzerhand seine Majestät König Christian.» Mithilfe seines gebastelten Schwertes «Excalibur», schlägt er auserwählte Personen im Wagerenhof zu Ritterinnen und Rittern seiner Tafelrunde. «Er ist für jeden Spass zu haben, liebt den Kontakt mit Menschen und ist gerne da, wo was los ist.» Dank des Sprachcomputers wurde Christians Leben bedeutend leichter – er kann seine Wünsche und Bedürfnisse kommunizieren und hat z. B. alle Namen der Wohngruppen-Mitarbeitenden gespeichert. Zudem verfügt «Tobi» über diverse Sprüche, die Chrigi im Alltag gezielt einsetzt.

Jeden Morgen holt Chrigi am Empfang die Tageszeitung. Darüber freut er sich immer ganz besonders. Am Ziel angekommen, spielt er stolz die dafür programmierte Taste auf «Tobi» ab: «Bitte geben Sie mir eine Zeitung.» Auch die Namen der Empfangsdamen hat er jederzeit abrufbereit. Tja, er ist eben ein echter Charmeur und bringt alle zum Strahlen! Miriam lacht. Zurück auf der Wohngruppe wird die Zeitung mit ihm durchgeblättert. Chrigi ist sehr interessiert am Weltgeschehen und äusserst durchaus auch mal seinen Unmut – etwa bezüglich der vielen Ungerechtigkeiten auf der Welt.

In solchen Momenten verändert sich seine Mimik – er runzelt die Stirn und wirkt angespannt. «Ich habe Jahre gebraucht, bis ich Chrigi mit seinen vielen Facetten, Emotionen und seiner Logik wirklich verstand.» Das Geheimnis liegt darin, alle Sinne einzusetzen: Schauen, hören, präsent sein und mit geschlossenen Fragen herausfinden, was Chrigi mitteilen möchte. «Du bist ein intelligenter Mann», sagt Miriam und schaut Chrigi an. «Wenn man sich Zeit nimmt, zu verstehen, was du zu sagen hast, staunt man nicht schlecht über deine Sicht der Dinge.»

Und wie sieht sie ihre eigene Rolle als Bezugsperson? «Ich erfülle Chrigis Wünsche und Bedürfnisse, wie z.B. seine geliebte Himbeer-Roulade aus der Migros», erklärt Miriam lachend. Daneben plant und organisiert sie Freizeitaktivitäten oder kauft seine Kleider ein. «Abends eine Cola trinken in der Zeughausbar in Uster oder live einen FCZ-Match im Stadion miterleben – das sind unvergessliche Highlights für ihn!» Chrigi schmunzelt und lässt «Tobi» für sich sprechen: «Was passiert wenn du Bier und Cola vermischst? Du colabierst!» Mit herzlichem Gelächter beenden wir das Interview.

Danke Chrigi und Miriam für eure Zeit – und auf ein baldiges Wiedersehen an eurer erlauchten Tafelrunde. 

BEZUGSPERSONEN: Jede Bewohnerin und jeder Bewohner im Wagerenhof hat eine Bezugsperson, welche auch auf der Wohngruppe arbeitet. Sie erfüllt Freizeitwünsche, kauft Kleider und Hygieneartikel ein und schaut nach dem Rechten. Zudem ist sie erste Ansprechperson für Verwandte oder die gesetzliche Vertretung.

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